Donnerstag, 27. März 2025

Haushaltsrede der WerteUnion zur Verabschiedung des Haushalts der Stadt Kaufbeuren (Stadtrat Dr. Thomas Jahn) am 25.03.2025

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

die äußerst schwierige Haushaltslage der Stadt Kaufbeuren hat im wesentlichen zwei Ursachen, nämlich politische Fehlentwicklungen außerhalb unseres städtischen Wirkungskreises, aber auch heimische Ursachen.

Lassen Sie mich bitte zunächst kurz auf die aktuellen bundespolitischen Rahmenbedingungen blicken, weil sich dadurch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf diesen und künftige städtische Haushalte ergeben werden:

Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 hatte die in Umfragen und am Wahlabend stärkste politische Kraft, die Kanzlerparteien CDU und CSU einen umfassenden Politikwechsel mit Steuersenkungen, Entbürokratisierung, einem Ausstieg aus der Energiewende und ein Ende der unkontrollierten Massenmigration versprochen. Versprochen wurde uns eine Rückabwicklung der „Ampel“-Politik. Ich zitiere hierzu zwei der Kernsätze des Regierungsprogramms der Union:

„Wir halten an der Schuldenbremse fest. Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen.“

Wenige Stunden nach der Wahl präsentierte uns Friedrich Merz noch vor Beginn der eigentlichen Koalitionsverhandlungen das genaue Gegenteil, nämlich die Abschaffung der Schuldenbremse und eine Schuldenorgie in bislang nie dagewesenen Ausmaßen:

Dazu ein kurzer Vergleich, auch um die immer dramatischer Schuldendynamik zu verdeutlichen, die natürlich auch die Kommunen trifft:

Innerhalb der ersten 50 Jahre seit Bestehen der Bundesrepublik haben insbesondere die Regierungen Brandt/Scheel, Schmidt/Genscher und der damalige Finanzminister Theo Waigel einen Schuldenberg von 1 Billion Euro angehäuft. Innerhalb der nächsten 25 Jahre stiegen diese Schulden bis heute auf 2,5 Billionen und nun sollen innerhalb der nächsten 10 Jahre die Schulden dann auf insgesamt 4 Billionen Euro steigen. Präziser gesagt handelt es sich dabei nicht nur um die Schulden des Bundes, sondern der gesamten öffentlichen Hand, also Bund, Länder und Gemeinden, ohne die abenteuerlich hohen Pensionsverpflichtungen.

Die skandalöse Abschaffung der Schuldenbremse durch einen bereits aufgelösten und abgewählten Bundestag war nicht nur ein demokratiefeindlicher Zivilisationsbruch, sondern hat fatale finanzielle Auswirkungen, auch gerade auf die bayerischen Kommunen, weil das mit der Föderalismuskommission 2009 vereinbarte Neuverschuldungsverbot auf Länderebene letzte Woche gleich mit abgeschafft wurden. Das Neuverschuldungsverbot war 2009 der wichtigste Teil der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs mit der Formel: Wenn die solide wirtschaftenden Länder wie Bayern schon Zahlungen an hoch verschuldete Länder wie Bremen, Berlin, das Saarland oder Nordrhein-Westfalen leisten sollen, dann müssen diese Länder auch ihre überschuldeten Haushalte sanieren und Einsparungen vornehmen. Dank der Schulden- und Umverteilungspolitiker aus den SCHUKO-Parteien, also der neuen rot-schwarze Schuldenkoalition, denen sich – wie die Abstimmungen letzte Woche gezeigt haben – auch die Grünen, die Linkspartei und die Freien Wähler angeschlossen haben, muss Bayern weiterhin Rekordbeträge an andere Bundesländer zahlen, die 2024 mit rund 10 Milliarden Euro einen neuen Höchststand erreichten und zulasten der bayerischen Steuerzahler und Kommunen in den nächsten Jahren kräftig steigen werden, nachdem das Land Berlin bereits vor wenigen Tagen angekündigt hat, auch neue Schulden für die Aufnahme von illegal eingereisten Migranten machen zu wollen.

Ministerpräsident Söder und sein Stellvertreter Aiwanger haben Bayern und unserer von der Finanzkraft des Freistaats mehr denn je abhängigen Stadt (Stichwort Stabilisierungshilfen und Schlüsselzuweisungen) schweren Schaden zugefügt und definitiv gegen die Interessen der bayerischen Bürger gehandelt. Aber nicht nur das:    

Der Staatsrechtler und frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Professor Peter Huber spricht im Zusammenhang mit dieser historisch einmaligen Missachtung des Souveräns auch von einem „Staatsstreich“ und von „verfassungswidrigem Verfassungsrecht“. Professor Huber hat recht, denn erst 2013 hatte das Bayerische Volk mit fast 90 Prozent der abgegebenen Stimmen in einem Volksentscheid bestimmt, dass in der Verfassung ein weitgehendes Verbot der Aufnahme neuer Schulden verankert werden soll. Mit ihrem Schuldenputsch gegen einen demokratischen Volksentscheid haben die Abgeordneten der CSU, der Freien Wähler und die Bayerische Staatsregierung unser Land ohne Not auch in eine schwere Staats- und Demokratiekrise geführt, die unverzeihlich ist.        

Im Rückblick erscheint nun die Ära Merkel und das Wirken der FDP in der „Ampel“-Regierung gegen die geplante SCHUKO, angeführt von Saskia Esken, Lars Klingbeil, Markus Söder und Friedrich Merz, fast schon rechtskonservativ. Inzwischen kursiert auch ein vielsagender Witz, der in etwa so lautet: Was war das Einzige, was Angela Merkel wirklich gut gemacht hat? Antwort: Sie hat über 16 Jahre lang verhindert, dass Merz Kanzler werden konnte.

Nachdem in den USA, in Argentinien und in vielen europäischen Nachbarländern bürgerliche Regierungen eine Reformagenda einleiten konnten, steckt Deutschland seit 1998 ununterbrochen im Reformstau fest und kennt auf alle Probleme immer nur drei Antworten:

-    Mehr Regulierung und immer mehr Verbote (dazu gehören auch finanziell unerfüllbare Rechtsansprüche wie Ganztagsbetreuung, Mittagsverpflegung etc., die uns als Stadt treffen),

-        mehr Schulden und

-        immer höhere Steuern.

Dazu hören wir seit Jahren immer dieselben Versprechen, auch heute wieder von einigen meiner Vorredner anlässlich der Rekordschulden im aktuellen Haushaltsplan der Stadt Kaufbeuren:

-        Wir wollen wichtige Investitionen ermöglichen.

-        Wir sorgen für bessere Konjunktur und für Wirtschaftswachstum.

-        Wir sparen an anderer Stelle ein und führen die Schulden zurück. 

Folgende Frage an die Unterstützer dieser Schuldenpolitik drängt sich auf:

Warum braucht es eigentlich ständig neue Schulden, wenn doch die frühere Schuldenpolitik so erfolgreich war? Warum haben eigentlich die Kaufbeurer Schulden seit 1992 nicht schon zu lebendigen Innenstädten, brandneuen Straßen und intakten Immobilien geführt?  Immerhin werden die Schulden nun den Rekordstand der Stadt von 1992 (68 Millionen Euro) heuer erneut erreichen: Sie sollen von 58 Millionen EURO (2024) auf 68 Millionen (2025) steigen.     

Die zunehmende Verschuldung und die Weitergabe immenser Zins- und Tilgungslasten an zukünftige Generationen sind dabei aber nur die halbe Wahrheit. Der andere Negativeffekt staatlicher Schuldenpolitik ist die Verdrängung der Privatinitiative, der Vertrags-, Meinungs- und Eigentumsfreiheit und des Wettbewerbs zulasten von Zensur, Korruption, Paternalismus und Trägheit.

Die russisch-jüdische Autorin Ayn Rand, die vor rund 100 Jahren aus der Sowjetunion in die USA floh, brachte diese Abwärtsspirale auf den Punkt, als sie Geld als das „Barometer der Moral einer Gesellschaft“ bezeichnete und festhielt: „Wenn Sie sehen, dass Geschäfte nicht mehr freiwillig abgeschlossen werden, sondern unter Zwang, dass man, um produzieren zu können, die Genehmigung von Leuten braucht, die nichts produzieren, dass das Geld denen zufließt, die nicht mit Gütern, sondern mit Vergünstigungen handeln, dass Menschen durch Korruption und Beziehungen reich werden, nicht durch Arbeit, dass die Gesetze Sie nicht vor diesen Leuten schützen, sondern diese Leute vor Ihnen, dass Korruption belohnt und Ehrlichkeit bestraft wird, dann wissen Sie, dass Ihre Gesellschaft vor dem Untergang steht.“

Die Gesellschaft unserer Stadt steht zwar Gottlob nicht vor dem Untergang, aber vor multiplen Krisen zu deren Bewältigung der vorliegende Haushaltsentwurf leider keine ausreichenden Antworten liefert.

1.    Schon in meiner letzten Haushaltsrede am 31. März 2020 hatte ich – wie sich heute herausstellt – leider zutreffend auf folgendes hingewiesen:

„Der neue Stadtrat steht nun vor riesigen, auch finanzpolitischen Herausforderungen:

Jedem muss bewusst sein, dass das heute zu beschließende Investitionsprogramm im fünfjährigen Finanzplanungszeitraum der Situation vor der Corona-Krise entspricht und dass schon sehr bald Neubewertungen nach Dringlichkeit und Priorität erfolgen müssen.“

Der neue Stadtrat ist dieser Sichtweise leider nicht gefolgt, denn bis 2023 kam es nicht zu den rezessionsbedingt notwendigen Anpassungen des Investitionsprogramms. Die mittelfristige Finanzplanung sah 2023 immer noch ein Investitionsvolumen von 62,6 Millionen Euro vor.

In derselben Haushaltsrede hatte ich die schwerste Rezession der Nachkriegszeit angekündigt. Sie trat zeitverzögert mit massiven Wachstumsrückgängen in den Jahren 2023 und 2024 ein und hält 2025 das dritte Jahr in Folge an. Meine damalige Forderung nach massive Entlastungen der Bürger und der Unternehmen von den derzeit viel zu hohen Abgaben- und Bürokratielasten verhallte natürlich ungehört. Diese auch im internationalen Vergleich notwendigen Reformen werden nun leider weder auf Bundesebene noch im Kleinen, also hier in Kaufbeuren angepackt. Im Gegenteil: Mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik wird die Gewerbe- und Grundsteuer sowie diverse Gebühren erhöht. Da ich dieses Vorgehen für grundfalsch halte, kann ich dem Haushaltsentwurf leider nicht zustimmen.

2.                Wie von mir schon in den Vorberatungen zum Haushalt erwähnt, stimme ich sicher         vielen Punkten des Konsolidierungskonzepts zu, halte sie insgesamt aber nicht für    ausreichend. Auch hier fehlen die notwendigen Konsequenzen aus den wirtschaftlichen Verheerungen der Corona-Jahre, die mit ihrer verfehlten Lockdown-Politik eine Vielzahl unternehmerischer Existenzen, vor allem im Mittelstand vernichtet hat. Diese Unternehmen, vor allem im Handwerk, der Gastronomie und im Einzelhandel fallen dauerhaft als Steuerzahler und Arbeitgeber aus. Die seit 2022 verschärft durch die bisherige Bundesregierung betriebene Politik der Energieverteuerung und der Erhöhung indirekter Steuern wie der CO2-Steuer wird weitere Unternehmen zur Aufgabe zwingen. 25 % der Handwerksbetriebe wollen ihr Unternehmen in den nächsten Jahren aufgeben. Die von mir schon 2020 angemahnte Konzentration kommunaler Aufgaben auf wesentliche Bereiche (Stichwort Pflichtaufgaben) blieb aus. Dadurch können leider auch die dringend benötigten finanziellen Spielräume zur Reduzierung der Schuldenlast und zur Bewältigung künftiger Pflichtaufgaben nicht eröffnet werden. Der Stadtrat war mehrheitlich leider nicht einmal bereit, ein Konzept für eine echte Personalkostenreduzierung für jene Stellen zuzustimmen, die nicht zur Bewältigung von Plicht- oder Investitionsaufgaben benötigt werden. Und dies trotz der Tatsache, dass sich die Personalaufwendungen in den letzten 15 Jahren im Haushalt mehr als verdoppelt haben, von rund 24 Millionen Euro in 2010 auf aktuell rund 58 Millionen Euro.  

Die Haushaltsvorlage wird daher leider keinen ausreichenden Beitrag zur Aufgabenkritik leisten, so dass sie aus meiner Sicht leider nicht zustimmungsfähig ist:

Brauchen wir wirklich weiterhin ein Bildungsbüro, einen Babyempfang, städtische Werbung für eine Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, einen Aktionstag für die Psychosoziale Beratungsstelle für schwule und bisexuelle Männer in Schaben, Werbung für die Eröffnung des Regenbogencafes, die Organisation des internationalen Männertages oder von Filmabenden, um nur einige Bereiche zu nennen, die auch unter dem jüngst vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gerade für Kommunen eingeforderten politischen Neutralitätsgebot als zweifelhaft anzusehen sind.

       

3.    Die Stadtratsmehrheit verkennt leider auch mehrere Zielkonflikte, deren Zielsetzungen sich gegenseitig ausschließen. Folgende Beispiele:

Man möchte mehr Gewerbeflächen ausweisen und Unternehmen zur Stärkung der Steuerkraft in Kaufbeuren ansiedeln. Gleichzeitig soll ein Klimaschutzkonzept erlassen werden, das natürlich jede Art von Bau- und Produktionstätigkeit Fesseln anlegt, wenn nicht gar jegliches Wirtschaftswachstum ausschließt.

Die Altstadt soll mit Wohnungen und Geschäften belebt werden, gleichzeitig soll sie aber weitestgehend autofrei sein, sodass niemand mehr Wohnungen oder Geschäfte erreichen würde.

Wohnungsmangel soll durch das städtische Projekt „Blasius-Blick“ behoben werden, ohne dass ein seriöses Finanzierungskonzept zugrunde gelegt werden kann und die Stellplatzfrage gelöst ist. Gleichzeitig müssen private Investoren, die Wohnraum zum Beispiel im Wege der Nachverdichtung schaffen wollen, lange Genehmigungsverfahren in Kauf nehmen und Ehrenrunden in städtischen Gremien drehen.

Die Stadtspitze setzt auf Zuzug nach Kaufbeuren, vergisst aber, dass es sich hauptsächlich um Migration aus dem Ausland handelt, sodass viele Neubürger angesichts der hohen Transfers durch das neue sogenannte Bürgergeld keine Leistungsanreize verspüren und künftig weiterhin steigende Lasten für den Haushalt und die Steuerzahler zu befürchten sind.               

 

Lassen Sie mich abschließend nochmals ein Plädoyer für zukunftsgewandet Reformen für mehr echtes Wirtschaftswachstum und mutigere Konsolidierungsschritte halten. Der von Herrn Pferner zurecht nur als Kompromiss bezeichnete Haushalt mit Finanzplan reicht leider nicht aus, zumal mit einer deutlichen Rückführung des Klinikdefizits nicht zu rechnen ist.

Wir können mit der Politik aus neuen Steuern und immer höheren Schulden insgesamt so nicht weiter machen. Wir sollten den Mut haben, die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten und uns eingestehen, dass den Steuerzahlern dieser Stadt und dieses Landes angesichts einer weltweit einzigartigen Rekordbelastung an Steuern und Abgaben nicht mehr alles zugemutet werden kann.

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