Haushaltsrede von Dr. Thomas Jahn für die CSU-Fraktion
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
für die CSU-Fraktion möchte
ich in meiner heutigen Haushaltsrede Schwerpunkte zu folgenden Themen bilden:
1. Welche staatlichen
Rahmenbedingungen beeinflussen aktuell die finanzielle Lage Kaufbeurens?
2. Wie können wir die wichtigsten
Zukunftsaufgaben für unsere Stadt in den nächsten Jahren finanziell meistern?
3. Welche Schwerpunkte möchte die
CSU in den nächsten Jahren setzen?
Die staatlichen Rahmenbedingungen
für unsere Stadt müssen derzeit als ambivalent bezeichnet werden:
Der Freistaat Bayern bleibt ein
verlässlicher Partner für die Kommunen und sorgt mit einer soliden
Haushaltspolitik für eine in Deutschland einzigartige finanzielle Unterstützung
der Städte und Gemeinden:
Pro Einwohner bedeutet dies, dass
der Freistaat Bayern 2015 umgerechnet 25 Euro mehr an Staatszuschüssen für die
Kommunen ausgibt. Dies zeigen die für Kaufbeuren u.a. um rund 1 Million Euro
gestiegenen Schlüsselzuweisungen.
Der Freistaat ermöglicht künftig
eine schnellere Anmeldung von Zuschussmitteln und gewährt erhöhte Zuschüsse zum
Straßenunterhalt.
Insgesamt transferiert der
Freistaat 17 % des bayerischen Haushalts direkt an die Kommunen, also insgesamt
8,3 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Das bayerische Erfolgsmodell
beweist auch, dass gerade dort, wo die niedrigste Belastung mit Steuern und Bürokratiekosten
herrscht, auch die solidesten Staatsfinanzen vorzufinden sind. Der Freistaat
Bayern nimmt nicht nur keine neuen Schulden auf, sondern zahlt als einziger
deutscher Staat Altschulden zurück und hat dort, wo er die eigene Steuerhoheit
besitzt, wie z. B. bei der Grunderwerbssteuer die bundesweit niedrigsten
Sätze.
Ich habe anfangs von einer
ambivalenten Situation gesprochen, weil die Bundespolitik der Großen Koalition
leider mit einer Flut von schädlichen Eingriffen in die Vertragsfreiheit die
wirtschaftlichen Grundlagen, vor allem unserer mittelständischen Wirtschaft
gefährdet, die auch in Kaufbeuren für über 65 % der
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze sorgt. Das Statistische Bundesamt
bezifferte im März 2015 die Mehrkosten der Wirtschaft allein für die in
jüngster Zeit eingeführten bürokratischen Schikanen wie Mindestlohn,
Mietpreisbremse, Quotenzwang und die damit ständig steigenden
Informationspflichten der Unternehmen auf sage und schreibe 43 Milliarden Euro.
Dabei handelt es sich um Geld, das nicht für Investitionen zur Verfügung steht,
sondern nur den reinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand der Unternehmen
betrifft.
Wir fordern ein
gesamtgesellschaftliches und politisches Bewusstsein, dass der Wohlstand
unserer Stadt und die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme ausschließlich von
der Ertragskraft und Leistungsfähigkeit unserer Unternehmen und dem
Leistungswillen unserer Bürger abhängig ist.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren,
wie können wir die wichtigsten
Zukunftsaufgaben für unsere Stadt in den nächsten Jahren finanziell meistern?
Die CSU bleibt ein verlässlicher
Partner der örtlichen Wirtschaft und für ansiedlungswillige Investoren. Im
Haushalt markieren die gestiegenen Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die mit
11,4 Millionen im Jahre 2011 auf einen Ansatz von 14,5 Millionen in 2015, also
um über 3 Millionen gestiegen sind, dass die erfolgreiche,
wirtschaftsfreundliche Politik unseres Oberbürgermeisters Stefan Bosse und der
ihn in diesem Bemühen unterstützenden Fraktionen aus CSU und KI Früchte trägt.
Dennoch zeigen diese Zahlen auch, dass wir im Vergleich zu Nachbarstädten wie
Memmingen oder Kempten noch Nachholbedarf in der Ansiedlung von Unternehmen
haben, denn im Vergleich zu Kaufbeuren ist das jährliche Gewerbesteueraufkommen
der Stadt Memmingen mehr als doppelt so hoch.
Kaufbeuren hätte es sich in
dieser Lage daher nicht leisten können, eine 25 Millionen Euro schwere
Investition mit rund 100 neuen Arbeitsplätzen einfach abzuweisen. Die
Kaufbeurer Bürgerschaft hat dies erkannt und das gegen das Forettle-Projekt
gerichtete Bürgerbegehren der Freien Wähler, der Grünen, der SPD und der FDP
mit einer überwältigenden Mehrheit von 70 % der abgegebenen Stimmen abgelehnt.
Die CSU-Fraktion bedauert, dass
die Fraktionen der Freien Wähler und der FDP von dem in den vergangenen Jahren
stets gemeinsam getragenen Kurs zur Ansiedlung neuer Unternehmen in Kaufbeuren
abgewichen sind.
Wir wollen nicht, dass aus
Kaufbeuren eine Schlafstadt für München-Pendler wird. Wir wollen stattdessen unter
anderem die Chancen aus dem frei werdenden Bundeswehrareal nutzen um dort an
geeigneter Stelle neue Unternehmen anzusiedeln, um möglichst viele neue
Arbeitsplätze zu schaffen.
Bei der Bewältigung des
Bundeswehrabzugs sind wir in den letzten Wochen einen großen Schritt
weitergekommen. Wir danken unserem Oberbürgermeister Stefan Bosse und
Staatssekretär Franz Pschierer für ihren Einsatz, der nun zur Verlegung von 116
Landesbediensteten und mit 70 neuen Studenten zu einer dauerhaften Sicherung
der Finanzhochschule in Kaufbeuren geführt hat. Auf Bundesebene setzt sich
unser Abgeordneter Stephan Stracke weiter intensiv dafür ein, dass die
Fluglotsenausbildung der Deutschen Flugsicherung dauerhaft in Kaufbeuren
verbleibt.
Zusätzlich hat die Bayerische
Staatsregierung die Stadt Kaufbeuren in das Programm „Raum mit besonderem
Handlungsbedarf“ aufgenommen, sodass wir für künftige Bauprojekte, vor allem
bei Schulbauten oder dem Projekt Osttangente mit staatlichen Höchstförderquoten
von bis zu 80 % rechnen können.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren,
60 % der Teilnehmer am
Bürgerentscheid vom 18. Januar 2015 haben sich für den Neubau eines
profitauglichen Eisstadions entschieden.
Wer beklagt, dass die Stadt heute
Geld für ein Profieisstadion ausgibt, muss bedenken, dass diese Entscheidung
schon bei Errichtung des alten Eisstadions vor fast 50 Jahren angelegt war,
denn der Vertrag mit dem ESVK sah damals vor, dass dieses Stadion eines Tages
an die Stadt fällt. Dieser sogenannte Heimfall ist zwischenzeitlich eingetreten
und das alte Eisstadion gehört heute der Stadt. Darüber hinaus hatte die Stadt
in den vergangenen Jahren regelmäßig im Durchschnitt etwa 200.000 Euro für
Betrieb und Unterhalt des Stadions aufgewandt, darunter auch ein Betrag in Höhe
von jährlich 140.000 Euro als Zuschuss an den ESVK, damit dieser das Stadion
für den öffentlichen Lauf zur Verfügung stellt. Hinzu kamen noch weitere
jährliche Investitionszuschüsse zwischen 20.000,00 bis 100.000 Euro pro Jahr,
z.B. in den letzten Jahren für die Erneuerung der Toiletten und
Umkleiden.
Als CSU-Fraktion haben wir von
Anfang an größten Wert auf eine tragfähige Faktenbasis und ein seriöses
Finanzierungsmodell gelegt, so dass andere freiwillige Leistungen der Stadt
nicht gefährdet werden. Daher wurde die Stadtverwaltung bereits im August 2013
mit der Untersuchung von fünf unterschiedlichen Varianten zu einer möglichen
Generalsanierung oder einem Neubau sowie mit der Darstellung möglicher
Finanzierungsmodelle beauftragt.
Am 1. Juli 2014 entschied sich
der Stadtrat aus Zeit- und Kostengründen einstimmig gegen eine Sanierung des
alten Stadions. Mit nur einer Gegenstimme traf der Stadtrat damals dann die
weitere Grundsatzentscheidung zur Errichtung eines profitauglichen Neubaus. Die
Abstimmung war so deutlich, weil alle Beteiligten wussten, dass ein
nicht-profitaugliches Stadion nur wenige Millionen Euro billiger gekommen wäre.
Umso erstaunlicher war, dass
einige Stadtratsmitglieder in den Fraktionen der FDP, der Freien Wähler, der
SPD und der Grünen später von diesem Grundsatzbeschluss abrückten, obwohl die
Stadtverwaltung ebenfalls am 1. Juli 2014 detaillierte Kostenuntersuchungen
angestellt und dem Stadtrat präsentiert hatte.
Ende Juli 2014 konnte der
Stadtrat auch die Standortfrage klären, nachdem das Bürgerbegehren der Freien
Wähler, der SPD, der Grünen und der FDP zur Errichtung eines neuen
Stadtviertels zwischen Forettle und Bahnhof mit überwältigender Mehrheit
abgelehnt worden war. Hätte das Bürgerbegehren dieser Parteien Erfolg gehabt,
hätten man für rund 7 Millionen Euro das Parkstadion und für rund 2,3 Millionen
die dortigen Parkplätze verlegen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren,
wer diesem Stadtrat angehört
weiß, dass die Zeit drängt und das neue Stadion spätestens im Herbst 2017
fertiggestellt sein muss, um Kosten für Interimsmaßnahmen zu vermeiden, denn
dann läuft die Genehmigung zum Betrieb des alten Stadions wegen der vorhandenen
baulichen Mängel aus. Der Stadtrat hat dieses Problem erkannt und sich daher am
1. Juli 2014 einstimmig gegen ein sogenanntes PPP-Modell ausgesprochen, weil
eine zeitintensive Ausschreibung erforderlich gewesen wäre und auf dem
Anbietermarkt für PPP-Modelle im Stadionbau kein Wettbewerb herrscht, so dass
erhebliche Mehrkosten die Folge gewesen wären. Wir waren daher sehr erstaunt,
dass Herr Pohl und Herr Espermüller dieses Modell im Januar 2015 erneut ins
Spiel brachten, obwohl die sachlichen Grundlagen für ein PPP-Projekt fehlten.
Die Stadtverwaltung hat am 1.
Juli 2014 auch ein Berechnungsmodell, mit konservativ geschätzten Baukosten von
20,9 Millionen Euro ermittelt und sodann eine durchschnittliche Jahresbelastung
für den städtischen Haushalt errechnet. Unser Haushalt wird im für das Stadion
vorgesehenen Finanzplanungszeitraum von 20 Jahren im jährlichen Durchschnitt
mit rund 1,5 Millionen Euro inklusive Zins und Tilgung belastet.
Die Errichtung des Stadions durch
ein eigens gegründetes Kommunalunternehmen stellt dabei keinen Haushaltstrick
dar, um Schulden zu verstecken, sondern erfolgte auf Empfehlung einer Wirtschaftsprüfer-
und Steuerkanzlei, um dadurch bei den Baukosten die Mehrwertsteuer einsparen zu
können sowie gleichzeitig bestmögliche Zinsen aus günstigen Kommunalkrediten zu
erhalten.
Der im Stadtrat am 29. Juli 2014
mit einer Mehrheit von etwa ¾ der abgegebenen Stimmen beschlossene Neubau ist
keine Multifunktionsarena. Zu diesem Thema wurden innerhalb der Fraktionen der
Freien Wähler und der SPD jeweils konträr zueinander stehende Extrempositionen
vertreten.
Während Herr Pohl eine
ganzjährige Multifunktionsarena mit zweiter Eisfläche und einer Kapazität von
6.000 Zuschauern errichten wollte, lehnt sein Fraktionskollege Herr Drexel
einen Stadionneubau vollständig ab. Ähnliches gilt für die SPD: Während drei
oder vier Stadträte der SPD einen Stadionneubau ablehnen, wünscht Frau
Ilgenfritz ebenfalls eine Multifunktionsarena, die ganzjährig auch für alle
„eisfreien“ Veranstaltungen nutzbar sein soll. Hierfür würden Mehrkosten von
rund 12 Millionen Euro entstehen, nämlich etwa 800.000 Euro für die Anlage zur Abdeckung
der Eisfläche im Stadion, etwa 1 Million Euro für die Errichtung einer zweiten
Eisfläche und rund 11,25 Millionen Euro für die Vergrößerung auf 6.000
Zuschauer.
Zum Wohle der Stadt, zur
Sicherung unserer Leistungsfähigkeit und im Interesse eines Ausgleichs für alle
die im sportlichen, sozialen oder kulturellen Bereich auf freiwillige
Leistungen der Stadt angewiesen sind, kam es meiner Fraktion stets darauf an,
zwischen diesen Extrempositionen - also
kein Neubau bzw. mehr als 1 ½-mal so teurer Neubau - einen vernünftigen Mittelweg zu wählen, der
sowohl dem Eissport in unserer Stadt eine Zukunft sichert, als auch die
Finanzen der Stadt nicht überfordert.
Die Stadt Kaufbeuren bleibt mit
der Begrenzung der Zuschauerkapazität und dem Verzicht auf eine ganzjährige
Multifunktionsnutzung der Halle weiterhin leistungsfähig:
In den kommenden Jahren benötigen
wir zur Finanzierung unserer geplanten, anderweitigen Bauinvestitionen keine
neuen Schulden. Die aktuelle Finanzplanung sieht Zuführungen des Verwaltungshaushalts
zum Vermögenshaushalt in den Jahren 2015 von 3.348.100 Euro, 2016:
1.945.800 Euro und 2017: 306.700 Euro vor. Wir verzeichnen im Haushalt
2015 eine Erhöhung bei den Einnahmen aus der Gewerbe- und der Einkommenssteuer
sowie bei den Schlüsselzuweisungen und versuchen im Finanzplanungszeitraum bis
2018 möglichst ohne neue Schulden auszukommen.
Was den aktuellen Schuldenstand
der Stadt anbelangt, so befindet sich Kaufbeuren im Vergleich aller 103
kreisfreien deutschen Städte auf Rang 99 und kann daher auf eine der
niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung in ganz Deutschland stolz sein. Bei diesem
Ranking ist sogar der hohe Schuldenstand des Klinikums enthalten.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren,
der Klinikverbund befindet sich
endlich auf dem Weg der Sanierung. Die völlig unverantwortliche, jahrelange
Weigerung des früheren Landrats Johann Fleschhut, das Unternehmen auf den
nötigen Sanierungskurs zu führen und die Zahl der Akutkrankenhäuser nach den
Vorgaben seriöser, unabhängiger Gutachter frühzeitig zu reduzieren, hat zu
einem Rekorddefizit von über 14 Millionen Euro im Jahre 2013 geführt. Auch in
diesem Fall haben die Wähler die richtigen Konsequenzen gezogen und mit der
Neuwahl von Marita Zinnecker dafür gesorgt, dass Landkreis und Stadt bei der
Gestaltung der medizinisch notwendigen und finanziell verantwortbaren
Krankenhausgestaltung in unserer Region heute wieder an einem Strang ziehen.
Diese Politik trägt bereits 2015 erste erkennbare Früchte, nachdem der aktuelle
Wirtschaftsplan eine Halbierung des ursprünglichen Rekorddefizits auf rund 6,9
Millionen Euro vorsieht. Das Ziel der CSU ist es, bis 2020 eine schwarze Null
zu erreichen.
Abschließend möchte ich aus Sicht
meiner Fraktion die für uns wichtigen politischen Schwerpunkte der kommenden
Jahre kurz erwähnen:
Wir setzen uns für eine
attraktive Anbindung der östlichen Altstadt an das Forettle und für eine
Aufwertung des Areals am Schwanenweiher ein.
Wir möchten mit weiteren, über
die Erneuerung von Straßenbelägen hinausgehenden Maßnahmen für eine Zunahme der
Besucherfrequenz der Kaufbeurer Altstadt sorgen. Dazu gehört auch, dass
öffentliche und zentrumsrelevante Einrichtungen in der Altstadt bleiben und
neue hinzukommen. Die Aktivitäten der
Sparkasse rund um das neue Sparkassenforum sind hier als vorbildlich zu nennen.
Wir möchten Kaufbeuren als
Bildungs-, Ausbildungs- und Studienstandort weiter stärken.
Wir stehen für eine wirtschafts-
und bürgerfreundliche Politik, die weitere Firmenansiedlungen ermöglicht. Dazu
gehört mittelfristig auch eine Senkung des Hebesatzes der Gewerbesteuer.
Wir möchten bauwilligen Bürgern,
vor allem Familien, auch nach dem bewährten Kaufbeurer Familienziel-Modell den
Erwerb eines Eigenheims in Kaufbeuren ermöglichen und weitere Baugebiete
ausweisen.
Das nächste große
Infrastrukturprojekt muss die zeitnahe Realisierung der Osttangente sein. Neben
der Verbesserung der überörtlichen Verkehrsanbindung Kaufbeurens wollen wir
mittelfristig auch die Voraussetzungen für weitere Tangentenlösungen zur
Entlastung der innerstädtischen Straßen und für eine bessere Anbindung neuer
Baugebiete oder wichtiger Einrichtungen wie unseres Klinikums schaffen.
Eine sparsame,
investitionsorientierte und wirtschaftsfreundliche Haushaltspolitik ist die wichtigste Grundlage
für die Umsetzung dieser Vorhaben. Daher wird die CSU dem Haushalt 2015 und der
von der Stadt verwalteten Stiftungen zustimmen.
Vielen Dank!